Mittwoch, 11. April 2007

Kindliche Geschlechtsidentität

Ganz im hintersten Winkel meiner Hirnwindungen versteckt sich ein Blitzlicht. Dieses Blitzlicht zeigt mir Bruchstücke an eine verdrängte Erinnerung aus meiner Kindheit. Lange konnte ich mit dieser Erinnerung nicht wirklich etwas anfangen, aber vor einiger Zeit ist mir klar geworden, dass damals ein geschlechtsspezifisches Gutachten von mir erstellt wurde.

In meiner Erinnerung befinde ich mich in einem Raum mit hohen Decken, Türen und Fenstern – daher vermutlich ein Altbau. In welcher Stadt sich dieser Raum befindet und wie alt ich war – vielleicht 9 Jahre, kann ich nicht sagen. In dem Raum war ein Spielgerüst mit Empore aufgebaut und jede Menge von Spielsachen. In der einen Ecke eine Kochnische in der Mitte eine kleine Rutsche und an der anderen Seite ein Sprossenleiter. Ringsum lauter Kinderbücher, Puppen, Autos, Puzzle, Bälle und Springseile, dazu Tische und Stühle.

Ich konnte damals wie gesagt nicht ahnen, weshalb ich mich dort eingefunden habe und dort spielen sollte/durfte. Ich weis noch sehr dunkel, das ich kurz in der Kochnische und dann an einem Tisch mit Bauklötzen und Autos spielt, bevor es wild die Rutsche hinunter ging. Während meines Spiels war noch eine Person im Raum – wer das war, weis ich nicht – es war aber nicht meine Mutter. Diese Person beobachtete mich, mehr Erinnerung habe ich daran nicht. Wie lange ich dort spielen durfte und ob dort auch noch andere Dinge stattgefunden haben, weis ich nicht.

Was das Ergebnis dieses geschlechtsspezifischen Gutachtens war, ist mir nicht bekannt. Aber aus heutiger Sicht und meinen damaligen bevorzugten Spielsachen – Autos, Lego-Technik, Räuberhöhlen in der freier Wildbahn, Raufen mit Spielkameraden, basteln mit Papas Werkzeugen oder das zerlegen von irgendwelchem elektronischem Spielzeug, würde ich mein Spiel in die Jungen-Richtung einordnen.

Und genau dort sehe ich Schwierigkeiten, ich wurde in die Rolle eines Mädchen geleitet – ich sage bewusst geleitet, weil dort kein Zwang für mich war und ich durfte mit den Dingen spiel, die mir Spaß machten. Meine Eltern ziehen ein „Mädchen“ groß und bei diesem Gutachten kommt ein Jungenspiel zum Vorschein. Aber vielleicht denke ich da in eine viel zu weite Richtung, denn diese „Jungen“-Einstellung muss sich im Laufe der Zeit geändert haben.

Denn als ich mit 11 Jahren - vielleicht war ich auch schon 12 – 13 Jahre - zufällig in der Universität erfuhr, dass mir die Eierstöcke und die Gebärmutter entfernt wurden, traf mich das sehr hart. Ich war doch ein Mädchen und wie jedes Mädchen hatte ich den Wunsch mal eigene Kinder zu bekommen und das war mit einem Schlag zunichte gemacht worden. Ok ich war ein Mädchen mit burschikosem Spielstiel und liebte eher die Jungen-Spiel, aber ich war doch ein Mädchen. Doch von diesem Tage an änderte sich mein Leben ganz gewaltig.

Interpretationssache oder was?

Interessant ist die Tatsache, dass ich im Kontakt zu meinen Ärzten zum Teil andere Sachverhalte herausbekomme, wie in meinen Unterlagen stehen.

Wie war das nun damals bei meiner Geburt? Unumstritten lag ein intersexuelles Genital vor, wie dieses aber aussah, da gehen die Meinungen stark auseinander. Eine endgültige Klärung kann da wohl nur das lang ersehnte Foto bringen.

Auch bei der genauen Syndromfindung sind da immer wieder diese Ungereimtheiten. Mein damaliger Arzt sagt, dass eine gemischte Gonadendysgenesie ausgeschlossen werden kann – da kein Chromosomen-Mosaik vorliegt - und das die Diagnose Hermaphroditismus verus also „echter Zwitter“ hieße. Der Arzt, der momentan mein Blut untersucht, sagt wiederum, dass es sehr wohl eine gemischte Gonadendysgenesie sein könnte. Na was den nun – ich blick langsam nicht mehr durch.

Jetzt warte ich schon so lange auf ein Ergebnis der molekulargenetischen Blutanalyse und ein Ende ist bisher leider nicht absehbar. Aber ein Trost bleibt, wenn ich erst mal ein genaues Syndrom habe, lässt sich der Rest vielleicht auch konkretisieren.

...

Da wartet man tagelang oder gar wochenlang auf eine Reaktion von den Ärzten und nichts geschieht; und dann stellt man plötzlich fest, das die Herrschaften am heiligen Feiertag arbeiten und Mails beantworten. Sehr sehr seltsam, aber mir soll es recht sein.

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Heute habe ich meinen Selbsttest beendet und nehme endlich wieder brav meine Hormönchen. Nun hoffe ich, auch wieder besser schlafen zu können. Die letzten Tage bzw. Nächte waren echt der Horror; wirklich nicht schön, wenn man stundenlang wachliegt und kein Auge zubekommt. Und diese Unausgeglichenheit – ob`s wegen der Müdigkeit oder den Hormonen ist oder beidem – wer weis das schon.

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So und morgen gehe ich auf Reisen. Ein großes Treffen der XY-Frauen mit meinen Liebsten steht bevor – mehr wird an dieser Stelle allerdings nicht verraten. Ich freue mich schon riesig, die Leutchen zu herzen und zu knuddeln.

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Zuletzt aktualisiert: 24. Mai, 20:36

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