Zwidri

Samstag, 31. Dezember 2005

Resümee

Wenn ich so das letzte Jahr überdenke, stelle ich fest, dass sich mein Leben grundlegend verändert hat. Ok mein Jahresrückblick ist wohl eher etwas einseitig, aber das ist, was mich dieses Jahr sehr bewegt hat.


1. Quartal 2005

Das Jahr begann mit warten auf das Ergebnis der Chromosomenanalyse; ich habe angefangen die Wahrheit zu suchen und das war der erste Schritt. Das Warten wurde mir mit einem wunderschönen Asien-Urlaub verkürzt, der erste richtige Urlaub in meinem Leben. Anfang 2005 war trotzdem keine gute Zeit für mich, ich habe mich mit der Entscheidung beruflich nach Berlin zu gehen schwer getan und ziemlich gehadert. Aus heutiger Sicht kann ich aber getrost sagen, es war die einzig richtige Entscheidung diesen Schritt zu gehen.

Zu dieser Zeit habe ich mit mir gekämpft und war am Boden zerstört. Ich habe gelitten – im Stillen - wie all die Jahre. Doch damit ist es jetzt vorbei; ich habe liebe Menschen kennen gelernt, die mich auffingen.

2. Quartal 2005

Es begann mit dem Umzug nach Berlin und jeder Menge Arbeit. Ich habe mich in die Arbeit gestürzt und den neuen Herausforderungen gestellt. Doch gerade diese Herausforderungen liebe ich – unter Druck kann ich die beste Leistung bringen. Anfang April ging ich dann zum ersten Intersex-Stammtisch. Ich war völlig ahnungslos, was mich erwarten wird und wurde herzlich aufgenommen. Herrje was hatten wir einen Spaß, aber auch viele interessante und anstrengende nachdenkliche Gespräche. Es entstanden Freundschaften die ich mit Worten nicht beschreiben kann. Da wäre auch noch die Ausstellung „One o One“ in Berlin zu nennen; eine gelungene Ausstellung zum Thema Intersex.

Mein Arbeitsbedingter Umzug nach Berlin hat mir gezeigt, das ich mein Leben auch gut alleine meistern kann. Der Gedanke fernab der Familie und Freunde zu sein, war für mich immer das schlimmste. Dieser Umzug und auch die Konfrontation mit meiner Intersexualität haben mich persönlich stark verändert und geprägt. Ich habe begonnen Hormone zu nehmen und mir ging es besser, ich habe neuen Schwung bekommen und war einfach nur gut drauf.

Ich habe den Mut gefunden, mit mir nahe stehenden Freunden über meine Intersexualität zu reden; die Angst vor Verstoßung und Ablehnung, die in meinem Kopf immer mit den Thema verbunden war, war plötzlich weg.

Sehr gefreut habe ich mich auch über ein Treffen mit meinem Erstkontakt bei den XY-Frauen.

3. Quartal 2005

Mein persönliches Highlight im 3. Quartal war natürlich mein erstes XY-Frauen-Treffen in Salzburg. Ich habe liebe Menschen persönlich kennen lernen dürfen. Es ist schon ein ganz anderes Gefühl mit einem Nick im Internet zu reden oder dem Menschen persönlich gegenüber zu stehen.

Im September habe ich erstmals mit meiner Mutter über das Thema Intersexualität gesprochen. Sie war völlig überrascht, dass ich mich mit dem Thema beschäftige, da ich 18 Jahre lang nichts hören und sehen wollte davon. Es war ein sehr schweres emotionales Gespräch.

Ich habe den zweiten Schritt in Richtung Wahrheitsfindung getan und habe eine molekulargenetische Blutanalyse machen lassen. Leider liegt noch kein Ergebnis vor; eine erste Untersuchung auf dem SRY-Gen brachte keine Mutation zum Vorschein und jetzt wird mit meinem Blut geforscht.

4.Quartal 2005

Das Treffen in Stuttgart bleibt mir in unvergesslicher Erinnerung. Ach ja diese Treffen geben mir enorme Kraft und eine innere Ausgeglichenheit.

Nach der Fusion meines Arbeitgebers hat der Arbeitsdruck enorm zugenommen und ist auf einem so hohen Level, dass mir die Arbeit momentan nicht mehr wirklich Spaß macht. Ich hoffe immer noch, dass sich die Wogen in den nächsten Wochen glätten und der Spaß zurückkommt.



Alles in allem bestand das Jahr aus einigen Up and Down`s. Auch wenn ich mich momentan in einem kleinen Down befinde, bleibt mir rückblickend zu sagen, es war ein schönes Jahr mit lieben Menschen, auf die nicht mehr verzischten möchte.

Zum Schluss möchte ich meiner Großen ein großes Danke sagen, ohne sie wäre das Jahr nicht so gelaufen und ich wäre immer noch allein in meiner kleinen Welt.

Danke auch an meine GeschlechtsgenossInnen – lasst euch mal alle herzlichst umärmeln.

Montag, 26. Dezember 2005

Danke

liebe Freundin ich werde diesen Anhänger in Ehren halten und immer tragen. Er ist soooooo schön; ein schöneres Geschenk hättest du mir nicht machen können.

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1.000 Dank und dicke Umarmung

Donnerstag, 22. Dezember 2005

Hormonersatztherapie

Nächste Woche steht mal wieder ein Besuch bei meiner Ärztin an. Sie ist Fachärztin für Frauenheilkunde und Geburtshilfe - Medizinische Genetik. Seit Monaten nehme ich Östrogene in Tabletten-Form. Anfänglich habe ich diese Tabletten auch gut vertragen, doch mittlerweile merke ich, dass ich mich nicht mehr so wohl fühle und auch die Nebenwirkungen nerven.

Kollegen, die mich schon seit längerer Zeit keinen, haben mich schon angesprochen, das ich seit Mitte April so ruhig und gelassen geworden wäre. Wenn die wüssten - zu diesem Zeitpunkt habe ich mit der Hormonersatztherapie angefangen und diese Veränderung auch selbst festgestellt. Doch genau da liegt momentan auch ein Teil der Probleme. In letzter Zeit fällt es mir immer schwerer ruhig und gelassen zu bleiben; möglicherweise liegt es an der immer stressiger werdenden Arbeit.

Im Internet habe ich einiges über Hormone gelesen und habe interessante Informationen erhalten. Ich möchte gerne auf Östrogene in Gel-Form umstellen; diese belasten den Körper nicht so und sind zudem von der Dosierung niedriger.

Die Frage

Bei meinem ersten Gespräch mit meiner Mutter im September stellte sie mir die Frage, wieso ich mich nun mit dem Thema Intersexualität beschäftige. Allerdings muss ich sagen, kam diese Frage keinesfalls als Vorwurf bei mir an, a la wieso muss du in der Thematik denn rumrühren.

Nein ich verstand diese Frage als ernst gemeinte wohlberechtigte Frage. Schließlich habe ich selbst ja 18 Jahre von diesem Thema nichts hören und sehn wollen. Ich hatte aber auch keine Antwort auf die Frage.

Diese Frage hat mich aber die ganze Zeit beschäftigt, und nun ist es mir wie Schuppen von den Augen gefallen. Ich hatte schlichtweg Angst vor der Wahrheit. Angst vor den Lügen der Ärzte und meiner Eltern. Angst vor den Untersuchungen und den vielleicht noch ausstehenden OP`s. Vielleicht habe ich die Lügen ja all die Jahre geahnt - sicher war ich mir dieser Lügen nicht – aber da war immer so eine Ahnung.

Ja ich bin mir sicher, ich hatte Angst vor der Wahrheit. Die Wahrheit zu erfahren war schmerzhaft, aber auch sehr heilsam für mich. Endlich konnte ich anfangen mein Leben zu leben und aus meinem Schneckenhaus zu kriechen. Endlich war ich nicht mehr alleine, die Gemeinschaft zu GeschlechtsgenossInnen hat mir den Mut und die Kraft gegeben, diese schmerzhafte Zeit zu überstehen.

Montag, 19. Dezember 2005

Zwitterlöckchen

Meine Kollegin nennt mich seit neustem Zwitterlöckchen, sie findet meine "Zwitterlöckchen" ja soooo süß.

Stopp Vollbremsung Halt Kehrtwende

Wie gut, das sie mein kleines Geheimnis nicht kennt.

Kitty müsste wirklich mal wieder zum Friseur.

Vorzimmerdrachen

Vorzimmerdrachen die Erste:

Vor einigen Monaten rief ich bei meiner Gynäkologin an, sie wollte dringend mit mir sprechen. Es ging um die Hormonsubstituion. Als ich also dort anrief und die Ärztin sprechen wollte, geriet ich an den Vorzimmerdrachen. Sie gab sich mit meiner Bitte, der Ärztin eine Nachricht von mir zu geben, nicht zufrieden. Sie könne schließlich keine Nachricht ohne Grund hinterlegen. Nach einigem Hin und Her erklärte ich ihr, des ginge um Intersexualität, daraufhin war es ihr scheinbar ziemlich peinlich so reagiert zu haben. Toll und solch ein Gespräch ganz am Anfang mit dieser Thematik.

Vorzimmerdrachen die Zweite:

Neulich stand ich mal wieder einem Vorzimmerdrachen gegenüber. Ich wollte eigentlich nur eine Überweisung für meine Gynäkologin haben. Da ich aber noch nie bei diesem Hausarzt war, wäre eigentlich vorher erst ein Gespräch mit der Ärztin nötig gewesen; diese war aber nicht da.

Also teilte sie mir mit, dass sie mir eigentlich keine Überweisung geben dürfte. Da ich diese aber dringend benötigte, erklärte ich ihr kurz meine Situation. Natürlich kam die Frage, ob es sich um ein Rezept für die Pille handelt. Als sie die Antwort "Nein für eine Hormonsubstitution" bekam, war die Frage/Antwortstunde beendet und ich bekam endlich die Überweisung.

Nicht aber ohne einen Hinweis auf der Überweisung, mit der dringenden Bitte der Übersendung der Befunde an den Hausarzt.

Mittlerweile kann ich über solche Vorzimmerdrachen nur müde lächeln, aber zu dieser Zeit fand ich das nicht so prickelnd. Wenn sie es halt unbedingt wissen wollen, sollen sie doch in ihr imaginäres Fettnäpfen treten. Aber bitte mit Anlauf – patsch.

Keine Mutation

Bei der Anfang September durchgeführten molekulargenetischen Blutanalyse kam es nicht zu einem Ergebnis. Festgestellt wurde lediglich, dass auf dem SRY-Gen keine Mutation vorliegt.

Heute kam endlich die lang erwartete Mail aus Magdeburg mit dem Inhalt, das jetzt weitergeforscht wird.

„Jetzt werden im Rahmen eines Forschungsprojekts noch weitere Gene untersucht, dies ist allerdings langwierig und könnte auch wieder zu keinem Ergebnis führen.“

Kitty ist ratlos!!!

Blutanalyse

Anfang September hatte ich einen Termin für eine erneute Hormonanalyse; bei dieser Gelegenheit habe ich auch gleich die molekulargenetische Blutanalyse durchführen lassen. Jetzt heißt es warten auf das Ergebnis aus Magdeburg.

Das anschließende Gespräch mit meiner Ärztin hat mir gezeigt, dass ich bei ihr in wirklich guten Händen bin. Sie zwingt mich zu nichts und hat immer ein offenes Ohr für mich. Selbst, wenn sie sich mit den einzelnen Syndromen nicht wirklich auskennt, versucht sie doch an Informationen zu gelangen.

Samstag, 17. Dezember 2005

Das erste Gespräch

Nachdem ich mich monatelang mit meiner Intersexualität beschäftigt habe, hatte ich das dringende Gefühl mit meiner Freundin darüber zu sprechen. Ich hatte soviel Informationen, die ich einfach nicht mehr für mich behalten wollte und konnte. Also versuchte ich meiner Freundin mein Geheimnis anzuvertrauen. Eigentlich sollte dieses Gespräch schon diverse mal vorher stattfinden; ich traute mich aber einfach nicht. Vor einigen Wochen erzählte ich meiner besten Freundin davon. Hätte ich gewusst, dass meine Freundin so locker auf mein Geheimnis reagiert, hätte ich es ihr auch schon vor Jahren erzählen können. Wir kennen uns mittlerweile schon weit über 20 Jahre und sind zusammen in den Kindergarten/Schule gegangen. Das war das erste Mal, das ich einem Menschen meine Geschichte erzählt habe und es viel mir verdammt schwer. Sicherlich im Nachhinein lässt sich das leicht sagen und auch was man hätte anders erzählen können. Aber das erste Mal ist es am schwersten.

Seelentröster in Not

Vor ca. 5 Jahren musste eine mir nahe stehende Bekannte, Frau M., mit starken Unterleibsschmerzen in die Uni. Da die Ursache nicht lokalisiert werden konnte, beschlossen die Ärzte eine Laparoskopie durchzuführen. Als Frau M. nach der OP aufwachte, wurde ihr mitgeteilt, dass man ihre Gebärmutter sowie die Eierstöcke entfernt hatte. Die Ärzte meinten, diese Maßnahme wäre für ihr Überleben unumgänglich gewesen. Ihr Freund rief mich abends an und erzählte mir von dieser OP; mir lief es eiskalt den Rücken runter. Ich bat ihren Freund Frau M. gute Besserung zu wünschen und sie solle mich unbedingt anrufen, wenn sie dazu in der Lage wäre. Am nächsten Abend klingelte das Telefon und Frau M. rief mich an; ich versuchte ihr Trost zu geben. Ich habe mich schon gewundert, wie schnell sie diesen Schock überwunden hat und sich bei mir gemeldet hat.

Am nächsten Tag besuchte ich sie in der Uni; wir saßen stundenlang auf dem Balkon und haben uns unterhalten. Ich versuchte ihr mitzuteilen, dass ich ihre Situation sehr gut nachvollziehen kann. Ich sagte ihr, ich könne auch keine Kinder bekommen. Mein Versuch sie dadurch zu trösten gelang auch, aber was mich wie ein Schlag getroffen hat, war ihre Aussage, dass sie das doch schon längst wüsste. Ich fragte sie, woher sie das wisse, sie meinte nur, deine Mutter hat mir das mal erzählt.

Ich fuhr mit der Bahn nachhause; ich war so wütend. Wäre meine Mutter damals nicht in Urlaub gewesen, ich weis nicht was passiert wäre.

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